Die Kunst der Namensfindung
Vielleicht sollten Liane und er noch einmal über den Namen ihres Kindes nachdenken. Knapp sechs Wochen hatten sie noch Zeit. Vielleicht war die Wahl des richtigen Vornamens weitgreifender, als es den werdenden Eltern bewusst war. Vielleicht lagen sie mit Linus, für den Fall, dass es ein Junge würde und mit Lena im entgegengesetzten Fall total auf dem Holzweg – und verbauten ihrem Kind damit bereits alle Wege in eine wohlhabende Zukunft? Musste wirklich ein absurder Name her, der dem Kind alle Türen in ein erfolgreiches und sorgloses Leben öffnete?
Daniel seufzte wieder, diesmal etwas lauter, in einer Mischung aus verlorener Hoffnung und Erleichterung, denn Liane würde ihm ordentlich was zu dieser Idee erzählen. Ach, was sollten sie auch mit einem Adelhard oder einer Odina? Was hatte das Kind davon, einen ausgefallenen Namen zu tragen und vielleicht irgendwann einmal Glück mit offenen Türen zu haben, wenn es sich in den ersten achtzehn Jahren seines Lebens lieber irgendwo einbuddeln wollte und die Eltern für diese Namensgebung hasste?
Daniel raunte langsam und bedächtig: „Odina Habicht.“]
Auszug aus Watsons großer Fall – Novelle – Arunya Verlag (2016)